Es kommt immer wieder mal vor, dass sich Mandanten bei mir melden und ihren Bausparvertrag überprüfen lassen. Mich persönlich freut, dass meine bisherigen Beiträge zu dem Thema offenbar Früchte tragen – nachdem ich neulich die Verträge zweier Mandanten unter die Lupe genommen habe, gibt es jetzt in Deutschland zwei Bausparer weniger. Falls Sie neu auf meinem Blog sind oder sich noch nicht eingehend mit dem Thema beschäftigt haben, werden Sie sich vielleicht fragen, warum jemand so voreingenommen gegenüber Bausparen sein kann. Immerhin verkauft uns die Werbung den Bausparvertrag als die Anlage schlechthin für Ihre Zukunft (und die Ihrer Kinder!). Bausparen für den „wichtigsten Ort der Welt“ – im Vergleich ist Werbung für Tagesgeldkonten schon fast langweilig. Aber was läuft schief mit der urdeutschen Anlage?
Wie schnell können Zinsen die Abschlussgebühr ausgleichen?
Neben fragwürdigen Kontoführungsgebühren liegt ein Kernproblem in der Abschlussgebühr. Die ist vergleichsweise klein und schwankt um 1% der Bausparsumme – ein vermeintlich winziger Betrag. Am realen Beispiel einer Mandantin wird schnell klar, wie viel Geld 100 Euro wirklich sind.
Frau Mustermann hat einen Bausparvertrag über 10.000 Euro abgeschlossen, bei einer Abschlussgebühr von 100 Euro und einem Guthabenzins von 1,5%. Soweit, so gut. Im ersten Jahr – zwischen Juni 2009 und Neujahr – hat Fr. Mustermann 230 Euro in das Konto eingezahlt. 100 Euro entfallen auf die Abschlussgebühr – von den 130 Euro auf dem Konto bleiben jetzt aus Zinsguthaben ganze 43 Cent übrig, mit denen die Kundin sich langsam in Richtung Gewinnzone bewegt. Es fehlen nur noch knappe 99 Euro und 47 Cent.
Zwischen Anfang und Ende 2010 wächst das Bausparkonto um durchschnittlich 30 Euro pro Monat; hin und wieder sind es 60 Euro. Bei Jahresabschluss stehen 760,43 Euro auf dem Konto – als Zinsen kommen ganze 7,41 dazu. Es ist Jahr zwei des Bausparens und von den 100 Euro Abschlussgebühr sind noch knapp 92 übrig. Wie ein roter Faden ziehen sich die niedrigen Zinserträge durch jeden Kontoauszug; Frau Mustermann zahlt jährlich für den einen Tag, an dem ihre Zinserträge die Abschlussgebühr ausgleichen.
- 2009: Abschlusskosten i.H.v. 100 Euro. Sparzinsen i.H.v. 0,43 Euro.
- 2010: Zinsen i.H.v 7,41 Euro.
- 2011: Zinsen i.H.v 16,15 Euro.
- 2012: Zinsen i.H.v. 23,27 Euro.
- 2013: Zinsen i.H.v. 29,61 Euro.
- 2014: Zinsen i.H.v. 31,73 Euro
Am Ende dauert es fast 6 Jahre, bis Fr. Mustermann ihre Abschlussgebühr abbezahlt hat und das Konto Gewinne abwirft. An den Zinserträgen nagt außerdem jährlich die Inflation – die Mandantin hätte sich viel Zeit auf Aufwand gespart, wenn sie ihr Geld in ein Kissen eingenäht oder in ein Sparschwein gesteckt hätte. Hinzu kommen die unglücklichen Vertragsbedingungen von 2009, namentlich ein nominaler Darlehenszins von jährlich 4,25%. Der angepriesene Bausparvertrag entpuppt sich als Mogelpackung.
Effektive Sparen ist möglich
Bausparen ist bei weitem nicht so alternativlos wie es gerne angepriesen wird. Für kurzfristige Sparvorhaben eignet sich zum Beispiel das altbewährte Tagesgeldkonto, auf lange Sicht bieten sich Investmentfonds an. Die lange Jagd nach der Gewinnzone können Sie sich mit beiden Möglichkeiten im wahrsten Sinne sparen. Hat es Sie gepackt, Ihre alten Bausparverträge prüfen zu lassen? Oder wollen Sie sich über alternative Anlagemöglichkeiten informieren?
Für weitere Fragen hinterlassen Sie mir bitte am Ende des Beitrags einen Kommentar oder Sie vereinbaren direkt ein kostenfreies Erstgespräch. Alternativ können Sie sich per Direktnachricht (oder Mittels Kontaktformular) mit mir in Verbindung setzen.
In jedem Fall erhalten Sie schnellst möglich eine Antwort von mir.
Mit den besten Grüßen
Christian Ulrich LL.B.
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Guten Tag Herr Ulrich,
ich bin durch Stöbern nach Bausparen und Abzocke auf Ihrer Seite gelandet und finde Ihre Artikel sehr gut. Eine Bekannte von mir hat mich gebeten Ihren Bausparvertrag zu prüfen. Nun würde ich gerne Ihre Meinung zu diesem Fall wissen: Eine 29-Jährige (unverheiratet, keine Kinder) mit einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 1.700€ wird Anfang 2017 ein Bausparvertrag aufgeschwatzt, indem mit dem besonders niedrigen Sollzinssatz von 1,68% für das Darlehen geworben wird. Die junge Frau hat weder Wohneigentum, noch hat Sie den Wunsch geäußert, dass Sie ein Bauvorhaben in naher Zukunft hat. Die Privatkundenberaterin bei der Bank schafft es dennoch der Kundin einen Bausparvertag über eine Summe von 50.000€ zu „verkaufen“. Scheinbar wurde hier überhaupt nicht erklärt, wie Bausparen funktioniert, denn das Darlehen darf ja nur für eine wohnwirtschaftliche Verwendung genutzt werden. Dies kommt hier aber überhaupt nicht in Frage. Merkwürdigerweise soll dieser Bausparvertrag auch nur mit 40€ monatlich angespart werden. Dies ist deshalb ziemlich merkwürdig, da die Zuteilungsphase erst bei 25-40% der Bausparsumme erreicht wird. Für die Kundin bedeutet dies das die Ansparphase bei 25% (12.500€) erst nach ca. 28 Jahren erreicht ist. Dann wäre die Kundin bereits 57. Sehr merkwürdig, dass eine 29jährige den Wunsch hegt, mit Ende 50 eine Immobilie zu kaufen/bauen und dann auch noch mit einem Betrag von 50.000€, der inflationsbereinigt noch deutlich niedriger liegt. Des Weiteren muss man sich die Frage stellen, was genau mit einem solchen Betrag überhaupt erworben werden soll. Mit 50.000€ die jährlich noch ca. 1,5% durch Inflation verliert ist kein Bau bzw. Immobilienerwerb möglich. Da die Kundin bereits Beträge (Versicherungen, AV) von 583,00 bei derselben Bank abgeschlossen hat ist es zudem äußerst fragwürdig wie die Rückzahlung des Darlehens hätte erfolgen sollen. Nun noch zu den Konditionen dieses Bausparvertrages: Die Verzinsung liegt bei lächerlichen 0,1% jährlich auf das Bausparvermögen. Zugleich werden jedes Jahr 12€ Jahresgebühr fällig. Erstmalig im Jahr 2043 liegen die Zinsen höher als die Jahresgebühr!!! Dies bedeutet, dass in den Jahren 2017 – 2043 jedes Jahr ein Verlust eingefahren wird, weil die Zinsen nicht einmal die Jahresgebühr von 12€ decken. Bis zum Jahre 2043 insgesamt 674,52€. Eine jährliche Inflation von nur 1,5% zeigt das sich der Kaufkraftverlust bis zum Jahr 2043 auf sagenhafte 2327,82€ beläuft. Insgesamt ein Verlust von 3.002,34€. Die Frage nach dem Warum wird deutlich, wenn man sich die Abschlusskosten ansieht. Sage und schreibe 500,00€ (1% der Bausparsumme) erhält die Bausparkasse. Die Kundin unterlag hier meiner Meinung nach einer eindeutigen Falschberatung. Der Privatkundenberaterin muss klar gewesen sein, dass dieser Vertrag völlig unpassend für die Kundin ist. Alleine die Tatsache, dass die Kundin kein Wohneigentum besitzt oder dies anstrebt zeigt wie sinn frei und nachteilig dieser Bausparvertrag ist. Was meinen Sie, inwieweit hier die Möglcihkeit besteht sich irgendetwas wieder zurück zu holen? Danke Ihnen. Stefan
Guten Tag Stefan!
Es freut mich zu hören, dass mein Blog-Beitrag auf Ihr Interesse gestoßen ist.
Sie beschreiben selbst vortrefflich das Problem mit diesen Verträgen: die Kosten sind regelmäßig höher als der (zu erwartende) Ertrag.
Vorweg: Eine Rechtsberatung darf ich im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetz, RDGnicht vornehmen.
Zu Ihren Fragen:
Im Falle einer Kündigung wird das Vertragsguthaben ausgezahlt.
Die ordentliche Kündigungsfrist beträgt 6 Monate. Sollte die Kündigung innerhalb dieser Frist ausgesprochen werden, verlangt die Bausparkasse eine Art Vorfälligkeitsentschädigung, die zwischen 6-10% p.a. beträgt.
Die Abschlusskosten werden im Falle einer Kündigung nicht erstattet; auch nicht die Kosten für die Kontoführung etc. Das Geld ist weg.
Alternativen gibt es im Grunde sehr viele, um sein Erspartes ordentlich zu investieren. Ein paar Hinweise dazu finden Sie wiederum in meinem Blog: https://1st-broker.de/zwischen-rendite-verfuegbarkeit-und-sicherheit-kapitalanlagen-so-investieren-sie-richtig
Darüber hinaus stehe ich Ihnen bzw Ihrer Bekannten gerne persönlich zur Verfügung.
Beste Grüße
Christian Ulrich