Die von den Regierungen und Notenbanken aufgelegten gigantischen Hilfsprogramme, mit denen die Coronakrise besser bewältigt werden soll, sorgten vergangenes Jahr für extrem niedrige Zinsen bei Anleihen und halfen, die Aktienbörsen auf immer neue Rekordniveaus zu treiben. Auf dem Weg aus der Pandemie trifft eine stark anziehende Güternachfrage auf ein Angebot, das bei weitem nicht Schritt halten kann. Der Grund hierfür sind gestörte Lieferketten und Kapazitätsengpässe in bisher ungekannten Ausmaßen, wodurch die Preise stark anziehen. Vieles deutet darauf hin, dass die Inflation stärker steigen wird als bisher angenommen. Dadurch hat der Druck auf die Notenbanken zugenommen, aus der ultralockeren Geldpolitik auszusteigen und die Leitzinsen anzuheben. Denn höhere Zinsen werden als Mittel gegen zu starke Teuerungsraten angesehen. Die US-Notenbank hat entsprechende Schritte bereits angekündigt. Einerseits hat diese geldpolitische Zeitenwende bereits zu einem ausgeprägten Favoritenwechsel an den Kapitalmärkten geführt, andererseits bleibt manches beim Alten: Die Realzinsen, bei denen es sich um die Leitzinsen abzüglich der Inflation handelt, dürften z. B. noch lange negativ bleiben. Barvermögen verlieren dadurch trotz höherer Leitzinsen weiter an Wert. Sachwerte – insbesondere Aktienanlagen – dürften die meisten Anleger hingegen weiterhin als den wichtigsten Baustein der Geldanlage erachten.
Kapitalmarktrückblick 2021
Rekord-Aktienjahr stellt hohe Inflation in den Schatten
Die Kernaussage unseres letzten Jahresausblicks bewahrheitete sich: Ohne Aktien war es 2021 schwer mit der Geldanlage. Insgesamt lieferten die globalen Aktienmärkte (+31,1 %) den höchsten Jahreszuwachs in 15 Jahren – trotz der CoronaDauerschleife. Nur Kryptowährungen wie Ether (+418,5 %), Energie-Rohstoffe wie Öl (+78,1 %) und Industriemetalle wie Kupfer (+35,6 %) legten stärker zu. Verzinsliche Wertpapiere (Globale Anleihen: +0,2 %) und Edelmetalle (Gold in Euro: +3,0 %) litten dagegen unter den gestiegenen Zinserwartungen. Die Inflationsrate stieg u. a. durch Lieferengpässe und zunehmende Energiekosten auf ein 30-JahresHoch von 5 %, was die Kaufkraft von 2,5 Billionen Euro deutscher Sparanlagen kräftig erodieren ließ. Industrieländer-Aktien (+31,1 %) legten deutlich zu, wobei sich werthaltige und Wachstumswerte auf Jahressicht ähnlich entwickelten. US-Aktien (+37,9 %) waren die Gewinner an den Aktienmärkten. Ausgestattet mit Ersparnissen in Rekordhöhe investierten US-Privatanleger in nie dagewesenem Maße in Aktien. Vor allem US-Börsengiganten wie Apple, Microsoft und Alphabet, die vom globalen Online-Trend profitierten, trieben die Aktienmärkte an. Europäische Aktien profitierten insbesondere im ersten Halbjahr von der wirtschaftlichen Dynamik. Im zweiten Halbjahr dämpften hier die Sorgen um Chinas Konjunktur sowie die Corona-Mutationen Delta und Omikron den Ausblick für exportorientierte europäische Aktien. Für Schwellenländertitel – die zu den Gewinnern des Jahres 2020 gehörten – war 2021 schwierig (+4,9 %). Chinas Politik zur Bekämpfung der Ungleichheit führte zu staatlichen Eingriffen in diversen Branchen, z. B. im Technologie- oder Bildungssektor und verschreckte dadurch viele ausländische Investoren. Die Rückkehr der Inflation und das erwartete Handeln der Notenbanken könnte das Ende des 40-jährigen Anleihe-Bullenmarkts einläuten. Die Aussicht auf Zinserhöhungen und das Ende des Anleihekaufprogramms der US-Notenbank Fed führten weltweit bereits zu Kursverlusten bei Anleihen z. B. -2,9 % im Euroraum. Nur unter Inkaufnahme höherer Risiken z. B. bei Hochzinsanleihen (+4,2 %) oder durch Fremdwährungsinvestments in US-Dollar (+7,6 %) konnten Wertzuwächse erzielt werden. Erstmals seit 2016 erreichten Rohstoffe zweistellige prozentuale Wertzuwächse. Die Aufhebung der strikten Lockdown-Maßnahmen ließ die Energienachfrage explodieren. Der Ölpreis stieg um +78,1 %. Auch Metalle wie Lithium (+483,0 %), die für den Ausbau grüner Energie und Mobilität benötigt werden, kletterten deutlich. Die sicheren Häfen Gold (+3,0 %) und Silber (-5,6 %) standen bei steigenden Aktienkursen und Zinsen nicht im Fokus der Anleger.
Kapitalmarktausblick 2022
Geldpolitik läutet Zeitenwende ein
Das Jahr 2021 war von einer massiven wirtschaftlichen Erholung geprägt. Vorläufige Schätzungen legen nahe, dass die Weltwirtschaft mit knapp 6 % stärker wuchs als Anfang des Jahres erhofft. Dadurch wurde der durch das Corona-Virus bedingte Einbruch (-3,1 %) des Jahres 2020 in nur einem Jahr mehr als aufgeholt.
Weltwirtschaft
Die Erholung, zu der die USA und China bislang am meisten beitrugen, wird sich 2022 fortsetzen. Getragen wird diese Entwicklung von fiskalischen Maßnahmen der Regierungen, dem Wiederöffnen stark von der Pandemie getroffener Branchen sowie vom strukturellen Wandel, etwa durch die fortschreitende Digitalisierung sowie die Umstellung auf eine klimafreundlichere Wirtschaft. Die Rückkehr zur wirtschaftlichen Normalität ist in vollem Gange. Aufgrund der zunehmenden Immunisierung der Weltbevölkerung (Genesenen-, Impfquoten sowie angepasste Vakzine) scheint das vollständige Wiederöffnen – trotz Omikron – nur eine Frage der Zeit. Diese Annahme spiegelt sich auch in den Erwartungen an ein Gewinnwachstum von rund 8 % bei den größten Aktienunternehmen aus den USA und Europa wider. Die Stimmung sowie das Basisszenario sind daher vorsichtig optimistisch. Einerseits unterstützen Staaten – besonders Industrieländer – private Haushalte und Unternehmen weiter mit Hilfsgeldern, z. B. Kurzarbeitergeld. Hinzu kommt die finanzielle Förderung zu „nachhaltigerem Wirtschaften“. Andererseits entfallen wesentliche Unterstützungsmaßnahmen durch die restriktivere Notenbanken-Politik. So hat die USNotenbank Fed in ihrer letzten Sitzung einen ehrgeizigen Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik mitgeteilt. Im ersten Quartal 2022 will die Notenbank ihr Anleihekaufprogramm von ursprünglich 120 Mrd. US-Dollar monatlich auf Null herunterfahren. Zusätzlich werden bis zu vier Zinserhöhungen der US-Notenbank Fed in 2022 erwartet. Der Grund für dieses aggressive Vorgehen sind hohe Inflationsdaten in den USA (+6,8 % für November 2021 über 12 Monate) mit Anzeichen zur Verstetigung. Auch die geringe Arbeitslosenquote von 4,2 % begünstigt erhöhten Lohndruck und somit steigende Preisniveaus. Wie sehr die Notenbank die Geldpolitik tatsächlich strafft und damit die Kapitalmärkte und die Wirtschaft drosselt, ist von der Entwicklung der Inflation und des Arbeitsmarktes abhängig. Im Euroraum hat die EZB dagegen deutlich weniger Spielraum für höhere Zinsen, womit vor 2024 derzeit auch kaum ein Marktteilnehmer rechnet. Doch es gibt weiterhin erhebliche Risiken. Dazu zählt eine überschießende Inflation, die die Zentralbanken nur mit deutlichen Zinserhöhungen bekämpfen könnten. Eine Stagflation – das Abwürgen des Wachstums bei anhaltender Inflation – wäre die Folge. Auch neue CoronaMutationen bleiben ein Risiko für die Weltwirtschaft. Zudem könnte in China eine einbrechende Aktivität im überschuldeten Immobiliensektor, der 25 % der Wirtschaftsleistung des Landes liefert, die Konjunktur stark treffen und so auch die globale Wirtschaft negativ beeinflussen.
Aktien
Die Zeiten der extrem hohen Kurszuwächse bei Aktien, wie sie Anleger 2021 erzielen konnten, sind voraussichtlich vorbei. Doch bleiben Aktien auch 2022 der attraktivste Baustein für die Geldanlage. Zwar können absehbare Änderungen des wirtschaftlichen und geldpolitischen Umfeldes, z. B. eine restriktivere Politik der Notenbanken Gegenwind bedeuten. Doch dies mindert langfristig nicht die Attraktivität von Aktien gegenüber vermeintlichen Anlagealternativen. Den positiven Ausblick für Aktien könnten nur deutlich höhere Leitzinsen dauerhaft eintrüben, sie sind in den Industrieländern (vor allem in Europa) jedoch nicht zu erwarten. Aufgrund hoher Staats- und Unternehmensschulden kann man sich hohe Zinsen einfach nicht leisten. Außerdem würde sich dadurch auch die immer noch fragile konjunkturelle Lage (weiterhin gibt es z. B. Lieferengpässe, hohe Energie- und Transportkosten) deutlich verschlechtern. Bei Aktien kann es in diesem Jahr u. a. durch die restriktivere Notenbankpolitik und Inflationssorgen zu stärkeren Schwankungen bzw. kurzfristigen Kursverlusten kommen. Doch sollte sich auf Jahressicht die Attraktivität von Aktien im Vergleich zu Anleihen oder Barbeständen durchsetzen. Viele Unternehmen rechnen 2022 mit weiteren Gewinnsteigerungen, die der Haupttreiber für steigende Aktienkurse sind. Im Gegensatz zu den letzten Jahren gilt die verhalten positive Aktienmarkt-Einschätzung weniger für die stark wachsenden und hoch bewerteten Technologie- und Konsumaktien. Es stehen eher die günstig bis fair bewerteten Qualitäts- und Dividendentitel im Fokus, sofern ihr Geschäft von strukturellen Zukunftstrends unterstützt wird. Meist wachsen diese Firmen nur moderat, erzielen aber stetige und planbare Gewinne. In Zeiten höherer Unsicherheiten (z. B. durch ansteigende Zinsen) sind diese Unternehmen eine von Investoren bevorzugte Anlagemöglichkeit.
Aktienindizes in Europa und den USA notieren zwar nahe ihren Höchstständen, doch bieten sich hier weiterhin Chancen. Viele Unternehmen steigerten 2021 ihre Gewinne deutlich, was zu günstigeren Bewertungen führte. Einige Aktiensegmente sind sogar günstiger bewertet und damit vielversprechender als Anfang 2021. Unverzinste Sparvermögen stiegen während der CoronaBeschränkungen auf einen Rekordstand und stehen für Konsum oder Aktienkäufe zur Verfügung. Insbesondere die Schwellenländer – allen voran China – stechen mit niedrigen Bewertungen hervor. Hier bieten sich, wenn auch unter erhöhten Risiken, Chancen für Investoren. Ausschlaggebend für den chinesischen Aktienmarkt wird sein, welche Nachwirkungen die Pleite des Immobilienkonzerns Evergrande auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes hat, und ob es weitere staatliche Eingriffe in die Privatwirtschaft geben wird. Anleger sollten sich der zukünftig größeren Risiken ihrer China-Investments bewusst sein. In den USA notiert die Mehrheit der Aktien über ihrem fairen Wert. Chancen ergeben sich weniger bei den sehr stark wachsenden, teuer bewerteten – und oft unprofitablen – Unternehmen, sondern vielmehr bei den weniger beachteten Firmen, die von einer weiteren Erholung der Wirtschaft und steigenden Zinsen profitieren dürften und aus den Bereichen Energie, Finanzen und teils der Industrie stammen. In Europa sind Aktien in Summe fair bewertet. Einzelne Sektoren erscheinen trotz der Kursanstiege 2021 noch günstig und bieten attraktive Investitionsgelegenheiten. Niedriger bewertete und konjunkturabhängigere europäische Aktien profitieren vom Wiedereröffnen der Wirtschaft und sollten sich besser entwickeln als globale Wachstumswerte. Aussichtsreiche Investitionsmöglichkeiten bieten nachhaltig gemanagte Fonds, die vom ‚Green New Deal‘ der EU und dem geplanten Infrastrukturpaket in den USA profitieren und nicht in sehr teure Wachstumsunternehmen investieren. Beide Vorhaben versprechen Investitionen in Billionenhöhe, um die Wirtschaft CO2-neutral zu gestalten und nachhaltiges Wirtschaften zu belohnen.
Anleihen
Die derzeit zunehmende wirtschaftliche Aktivität, hohe Inflation sowie restriktiveren Notenbanken stellen Anleger in den wichtigsten Anleihesegmenten – wie europäische und USStaatsanleihen oder bonitätsstarken Unternehmensanleihen der Industrieländer – vor Herausforderungen. Die 2021 stark gestiegene Inflation wird uns auch 2022 begleiten. In Kombination mit dem insgesamt niedrigen Zinsniveau, aber dennoch steigenden Zinsen führt dies zu realen Wertverlusten in vielen Anleihesegmenten. Dass die Zinsen für länger laufende Anleihen (Laufzeit > 10 Jahre) explodieren – was zu stark fallenden Anleihekursen führen würde – ist aber eher unrealistisch. Zinserträge gibt es höchstens bei Papieren wie Hochzins- und Schwellenländer-Anleihen, allerdings sind diese Anleihesegmente stark von der Wirtschaftsentwicklung abhängig.
Edelmetalle und Rohstoffe
Edel- und Industriemetalle könnten sich 2022 positiv entwickeln. Für Gold sprechen die immer noch tief negative Realrendite (= Zins minus Inflation) und die Rolle als „Versicherung“ gegen Krisen sowie ausufernde Staatsschulden. Silber und Industriemetalle wie Kupfer oder Lithium profitieren vom voranschreitenden Ausbau der Elektromobilität und erneuerbarer Energien wie Solar- oder Windkraft, wofür unvorstellbare Mengen dieser Rohstoffe gebraucht werden. Der Ölpreis könnte aufgrund der weiteren Erholung der Weltwirtschaft zulegen.
Quellen
1 Daten von Morningstar Direct und www.morningstar.de
2 Daten von Bloomberg: Kapitalmarktausblick (Stand: Dezember 2021)
3 Daten von Research Affiliates, LLC und www.researchaffiliates.com (Stand: 31. Dezember 2021)
4 iShares (2022): Effektivverzinsung einzelner Renten-ETFs, abrufbar unter: www.ishares.de
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